An(ge)dacht Oktober 2021

Petra_Mit folgenden Gedanken grüßt Sie
Diakonin Petra Messingschlager

 

Nun leben wir schon seit vielen Monaten mit einer Pandemie, in einer Krise. Einer Krise, die weltweit anhält. Viele erleben so eine Situation zum ersten Mal. Und das hinterlässt Spuren – sogar bei denen, die nicht unter einer Infektion leiden oder gelitten haben. Immer noch treffen wir uns weniger mit unserer Familie und mit Freunden. Abstand halten wird nach wie vor empfohlen und das hat Auswirkungen auf unseren Alltag, auf unser Leben.
Was heißt eigentlich leben in einer Krise? Der Philosoph Antonio Gramsci beschreibt eine Krise so: Eine Krise entsteht, wenn das Alte stirbt und das Neue noch nicht geboren werden kann. Das heißt, Vertrautes bricht weg und meine inneren und äußeren Gerüste kommen ins Wanken. Ich spüre zwar Handlungsbedarf, weiß aber nicht, was richtig oder falsch ist.
Corona lehrt uns demütig zu werden. Es gibt zurzeit keine Gewissheit, dass das gewohnte Leben einfach immer so weitergeht. Planungen, wie Familienfeste, Urlaub oder Veranstaltungen sind immer mit etlichen Fragezeichen versehen und brauchen in der Vorbereitung und in den Vorüberlegungen viel Zeit. Demütig können wir auch werden angesichts der Leistungen der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die fähig sind, mit einem enormen Tempo hochkomplexe und offensichtlich effiziente Medikamente zu entwickeln, die uns helfen und uns wieder ein wenig gewohnten Alltag zurückbringen.
Dennoch ist die Zahl der Menschen, die ihr Leben verloren hat riesig und Unsicherheiten, Ängste und Befürchtungen bleiben und begleiten unser Leben. An manchen Tagen mehr, an manchen Tagen weniger.
Wohin mit meinen Befürchtungen, mit meinen Ängsten? Familie, Freunde und Freundinnen sind uns in solchen Lebensabschnitte gute Begleiter und Begleiterinnen. Doch genau hier herrscht Unsicherheit, denn die Abstände werden weiterhin empfohlen.
Wohin also mit meinen Befürchtungen, meiner Verzweiflung und Ängsten? Ein Blick in die Bibel zeigt uns Lebensgeschichten, die auch von Hoffnungslosigkeit und Ängsten geprägt waren. Wir können lesen, dass Menschen nicht mehr ein und aus wussten und wir können auch von Verzweiflung und Ohnmacht lesen. Besonders imponieren mir hier die Psalmbeter, sie bringen ohne Umschweife ihre Gedanken und Empfindungen vor Gott.
Herr, was tun, wenn ich nicht ein und aus weiß?
„…Dennoch bleibe ich stets an Dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand…“
Herr, ich habe Angst um meine Kinder, um meinen Mann, um meine Frau…
„…Dennoch bleibe ich stets an Dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand…“
Herr, warum hilfst Du nicht, Du siehst doch, wie ich leide..
„…Dennoch bleibe ich stets an Dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand…“
Herr, wo bist Du, ich spüre so gar nichts von Dir und Deiner Liebe…
„…Dennoch bleibe ich stets an Dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand…
Warum?…
„…Dennoch bleibe ich stets an Dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand…
 
Diese Rufe an Gott könnte ich noch länger fortsetzten und Sie vielleicht auch. Dieses DENNOCH imponiert mir und richtet mich immer wieder auf. Wie gut, dass es bei unserem Gott keine AHA-Regeln oder 3G-Regeln gibt. Zu ihm können wir kommen und zwar ganz nah und ganz egal wie.
Während ich diese Zeilen schreibe scheint noch die Sonne auf meinen Schreibtisch und die Sonne wärmt uns noch. Die Monate, die kommen, werden auch trübe und dunkle Stunden haben und besonders in denen wünsche ich Ihnen und mir, dass wir mit einem DENNOCH durch die Tage gehen können.
Dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
Ps. 73, 23

 

 

Ihre Petra Messingschlager

 

Foto: Gemeindebrief.de H. Lehmann