An(ge)dacht August/September 2024

Mit folgenden
 Gedanken grüßt Sie
 Pfarrerin
  Imke Pursche.

Monatsspruch September 2024
Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
Jeremia 23,23

Lieber Leserin, lieber Leser,

Wenn Sie das Bild auf der Titel-Seite betrachten: Was hören, riechen, fühlen Sie?
Ich stelle mir einen sanften, warmen Wind vor, der mir die Haare ins Gesicht streicht und das Korn auf dem Bild zu leisem Rauschen bringt. In der Nase kitzelt mich der Geruch des Lavendels, tief atme ich ein und genieße den Duft. Das Summen der Bienen rund um den Lavendel klingt in meinen Ohren. Vor mir raschelt ein Mäuslein in Stauden und Getreide hinein. Der Ruf eines Raubvogels durchschneidet die Luft, majestätisch zieht er seine Kreise über dem Feld und landet schließlich im Grün des Baums. Die Berge strahlen Kühle aus, laden zu näherer Betrachtung und Begehung ein. Ich entdecke eine kleine Bank, auf der sich gut sitzen und in den blauen Himmel schauen lässt. Ich schließe die Augen und atme aus… 
Vielleicht geht es Ihnen wie mir und Sie bekommen ein wenig Fernweh bei diesem Bild und der Vorstellung dort zu sein. Vielleicht stehen Sie auch gerade selbst vor einer kleinen Reise oder haben sie eben hinter sich. Eine Auszeit, eine Pause von den alltäglichen flichten und Routinen, das brauchen wir Menschen ab und zu. Es muss keine große Flugreise sein, eine Fahrt mit Bus, Bahn oder Fahrrad können den gleichen Effekt haben: Wir sind einmal kurz weg, fern vom Üblichen, für eine Zeit nicht erreichbar. „Schön, dass Sie wieder da sind!“, hören wir dann beim Wiederkommen vielleicht vom Nachbarn, der in der Zeit die Blumen versorgt hatte, oder von der Bäckersfrau, der das Wegbleiben schon aufgefallen
war. Denn wer fern ist, der fehlt den Daheimgebliebenen.
Aus dieser Perspektive ist der Spruch für den Monat September gedacht: „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?“ Zeiten, in denen Gott uns fern ist, die kennen sicher viele von uns. Es mögen Zeiten sein, in denen uns Schlimmes widerfährt und wir von Gott und seiner gütigen Zuwendung zu uns nichts spüren können. Es können auch Zeiten sein, in denen wir so eingebunden in familiäre und berufliche Pflichten sind, dass wir für Gott gar keine Zeit zu haben scheinen. Es mögen Zeiten sein, in denen wir ganz persönlich nur schwer Zugang zu uns selbst und unseren Gefühlen finden, sodass Gott ebenfalls nur schwer Raum in unseren Herzen finden kann. 
Ja, es gibt Zeiten, da scheint Gott fern von uns zu sein. Und das nicht, weil er selbst Fernweh bekommen hätte! Früh in der Geschichte Israels bekundet Gott dem Mose seinen Namen. Am brennenden Dornbusch antwortet Gott Mose, der ihn nach seinem Namen fragt: „Ich werde sein, der ich sein werde.“
(2. Mose 3,14) So lautet eine mögliche Übersetzung dieses auch für Mose kuriosen Namens. „Ich bin, der ich bin“, auch so könnte man den Namen Gottes übersetzen. Mit seinem Namen ist auf diese Weise ganz klar: Gott wird immer derselbe sein, auf ihn konnte Mose und können wir uns seitdem verlassen. Wenn Gott uns fern erscheint, liegt das also nicht an ihm. Gott ist uns so nah oder fern, wie wir es zulassen. Er bleibt immer derselbe. Der Monatsspruch bekräftigt diesen Gedanken: Gott ist immer noch Gott, auch wenn er fern von uns zu sein scheint. An ihm ändert das nichts.
Wenn es uns vielleicht gerade so geht, dass Gott sich fern anfühlt, könnte dieser Gedanke trösten: Dass Gott uns fehlt, heißt nicht, dass er nicht für uns da wäre. Sobald wir in der Lage sind, ihm Raum in Herz und Verstand zu geben, wird er sich auch wieder so nah anfühlen, wie er immer bei uns gewesen ist. 
In jedem Fall gut tun könnte ein Durchschnaufen auf einer Bank im Grünen, in der Nähe oder in der Ferne – eine gute Auszeit wünsche ich Ihnen in diesem Sommer, wenn Ihnen danach ist!

Ihre Pfarrerin Imke Pursche